WGT 2012: Von Klassik bis Mystik – von Electro bis Mittelalter Drucken E-Mail
Geschrieben von: Mira Sommer, Charly Groß   
Mittwoch, den 06. Juni 2012 um 23:57 Uhr
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WGT 2012: Von Klassik bis Mystik – von Electro bis Mittelalter
Von der Sixtina in die Agra
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Trotz dem Altbekannten und seit 21 Jahren Altbewährten tritt die Spannung jedes Jahr beim Wave-Gotik-Treffen aufs Neue ein. Wie sind die Trends? Wie die Konzertdichte? Zwei Richtungen kann man relativ schnell beobachten: sehr viel mehr Kinder und eine geminderte Anzahl an electroaffinen Cybers.


Das Festival beginnt am Donnerstag

Der Donnerstagabend ist spätestens seit dem letzten Jubiläumsjahr offizieller Beginn des WGTs. Neben Moritzbastei (MB), Darkflower und Agra 4.2. gibt es mit dem rustikalen Beyerhaus eine Eröffnungsparty und eine Location mehr. Wem es in der einen nicht gefällt, kann unkompliziert dank der schwarzen Linie 31 und Sonderfahrten der 11 zu einer anderen wechseln. Inzwischen ist die ganze Stadt in das Pfingstspektakel eingebunden und pro Jahr kommen neue Lokationen hinzu.

Das Rahmenprogramm, seit einigen Jahren großer Anziehungspunkt und seit diesem Jahr bald anziehender als das Hauptprogramm, brodelt an den Veranstaltungsorten nahezu über.


WGT in Kirchen und Absintherien

Freudig wird man auch in der Absintherie LaPetite begrüßt. Frühstück für Korsettträger mit Rabatt, eine viel versprechende Absinthkarte und Filmklassiker aus vergangenen Zeiten verleihen dem winzigen Laden einen besonderen Charme. "Nosferatu", die Bühnenfassung des Stummfilmklassikers von Markus Czygan im Neuen Schauspiel oder "Der Graf von Monte Christo" in der Musikalischen Komödie sind ebenso sehenswert. Beide Häuser sind dieses Jahr neu dazugekommen und bereichern das Rahmenprogramm.

Skurrilitäten erheitern das Gemüt, so bietet der Verein Nächstenliebe e.V. einen Stricknachmittag für Schwarzromantiker an und das Zeughaus zeigt geheimtippartig antike Folterinstrumente.

© Mira SommerLobend erwähnt sei das Nachtkonzert "Nachtgesang" in der Peterskirche mit dem MDR-Rundfunkchor unter der Leitung des Dirigenten Howard Arman. Der Dauerbrenner "Mozarts Requiem" wird ersetzt durch Johannes Ockeghems "Requiem", stimmgewaltige Choräle, mittelalterlich-lateinische Weisen. Besonders hervorzuheben ist die während des Konzertes aufgeführte Chorkomposition von György Ligeti "Lux Aeterna" – Motette für sechzehnstimmigen Chor. Ligeti (1928-2006) lernte unter anderem bei Stockhausen, Boulez und Koenig, Komponisten der Köln-Darmstadt-Paris-Avantgarde. Unter anderem von Ockeghem inspiriert, erschuf er die Mikropolyphonie. "In dieser Musik gibt es keine motivische Technik mehr, keine Konturen, nur noch klingende Gewebe (…) fast flüssig (…) andernmals körnig, maschinell. (…) Beeinflusst war ich unter anderem von Cézannes Malweise: Wie kann Farbe Konturen ersetzen, wie können kontrastierende Volumina und Gewichte Formen erzeugen?" (György Ligeti) Der Klangteppich wallt um die Ohren bäumt sich auf und führt in Sphären, die die Assoziation zur Musik der "Ainur" in Tolkiens "Silmarillion" wahrhaftig werden lassen. Ein Highlight und eine musikalische Neuentdeckung dazu.

Wer mehr davon erleben möchte und die Akustik der Leipziger Peterskirche bevorzugt, hat noch dieses Jahr dafür die Gelegenheit. Termin ist der 19.10.2012 mit Dirigent Howard Arman und Werken von Arturo Fuentes & Johann Sebastian Bach.

Mit ein wenig Mühe schafft man es im Anschluss noch ins Heidnische Dorf, wo eine weitere musikalische Überraschung wartet: Wardruna, mit epischen Wikinger-Klängen zum Träumen. Später locken die Partys "When we were young" im Werk II und "Der dunkelromantische Tanz" im Städtischen Kaufhaus, wo man sich bis in die frühen Morgenstunden von der Musik berauschen lassen kann, und das soll sich auch an den folgenden Abenden wiederholen.