22. Wave-Gotik-Treffen Drucken
Geschrieben von: Wolfgang Hesse   
Dienstag, den 28. Mai 2013 um 19:17 Uhr

Wave-Gotik-Treffen 2013 (c) Wolfgang HesseEin Wave-Gotik-Treffen der Superlative ist zu Ende gegangen. Nicht nur mit einem Besucherplus wird abgeschlossen, 1000 mehr als im Vorjahr, sondern auch mit einem überaus abwechslungsreichen Kulturangebot. Auf den Konzertbühnen tummelten sich hochkarätige Vertreter der schwarzen Musikszene. Das Line-up der Szenebands liest sich wie auf einem der jährlichen Sommerfestivals der Gothic-Szene. Alle Facetten schwarzer Subkultur werden ausgiebig bedient.


Viktorianisches Picknick und Leipziger Opera-Metal leiten die 4 WGT-Tage ein

Wie schon in den Vorjahren sind die Angebote rund um das Kultfestival beeindruckend. Neue Lokationen für Konzerte und Veranstaltungen sind einbezogen wurden. Im Alten Landratsamt am Trödlingring spielen hauptsächlich Bands der alternativen Rockszene und des Neofolks aus verschiedenen Ländern. Im historischen Gebäude Städtisches Kaufhaus am Neumarkt finden erstmalig alle Autogrammstunden statt.

Viktorianisches Picknick (c) Wolfgang Hesse

21 000 Anhänger aus aller Welt sind über Pfingsten zum Familientreffen der schwarzen Szene nach Leipzig gepilgert. Dass die schwarze Subkultur inzwischen weltumspannend ist, beweisen Gäste und Besucher aus dem fernen Japan.

Leipzigs Innenstadt füllt sich in diesem Jahr recht frühzeitig mit den WGT-Gästen, haben doch die Veranstalter schon für den ersten Treffen-Tag ein sehens-  und hörenswertes Programm vorbereitet.

Für viele ist es inzwischen selbstverständlich, sich beim Viktorianischen Picknick auf die vier Tage einzustimmen. Neugierige Leipziger sowie unzählige Fotografen aus alles Welt zieht es am Freitagnachmittag in den Clara-Zetkin-Park hinaus. Die Wiese am Musikpavillon füllt sich zusehends und bald sind kaum noch freie Flächen zu ergattern. So international wie das Treffen ist, so bunt ist auch die Vielfalt an Kostümen. Steam-Punk, Erotic, Fantasy aber vor allem historische Gewänder sind überall zu entdecken. "Sehen und gesehen werden" ist das Motto, das mit ausgiebigen Fotosessions zelebriert wird.

--> Bilder Menschen Impressionen <--


WGT2013 Molllust (c) Wolfgang HesseIn der Sixtina eröffnen unterdessen Molllust aus Leipzig den musikalischen Reigen. Die Opera-Metal-Band hat sich dem opernhaften Gesang verschrieben. Mit reichlicher Verspätung erklingen Lieder mit viel Dynamik und begeistern die mittlerweile zahlreichen Besucher in Leipzigs Kultabsinthkneipe. Frontfrau Janika Groß überzeugt mit einer Gesangsstimme, die in einer Metal-Band eher nicht vermutet werden würde. Auch wenn Assoziationen zu Tarja Turunen und Nightwish aufkommen, Molllust haben einen ganz eigenen Stil, den sie gekonnt durchsetzen.

Nicht zuletzt überzeugte die Band im vergangenen Jahr die Jury der Bachspiele 2012 und wurde mit dem 1. Preis ausgezeichnet. (Interview mit Molllust) Beim diesjährigen Bachfest dürfen Molllust als Gewinner der Kategorie des Vorjahres am 15. Juni auf der Open-Air-Bühne auf dem Marktplatz in Leipzig vor einem großen Publikum ihre Musik präsentieren.

Die Leipziger Band will hoch hinaus und hat sich als Warm-Upper für das Mera Luna beworben. Jedes Jahr ruft Scorpio als Veranstalter junge Bands dazu auf, sich auf dem Hildesheimer Festival zu präsentieren. Molllust haben es gewagt.

Unterstützt werden können Molllust durch folgenden Link: voting.meraluna.de.

WGT2013 Unloved (c) Rezianer

 

Am WGT-Samstag ist die Sängerin privat auf dem Festival zu Gast. Frank Schumacher Musikerkollege, Sänger und Gitarrist bei Molllust, begleitet an diesem Tage auf der Akustikgitarre die Leipziger Band Unloved um die Frontfrau Shya. Die Jazz-Rocker spielen eine Unplugged-Session in der neuen, erdbeerrot gestrichenen, Sixtina II. Alte und neue Songs wie "Redundancer" erklingen im gänzlich neuen Gewand.


Auf dem WGT überall präsent: Letzte Instanz

In diesem Jahr feiern Letzte Instanz ihr 15-jähriges Bühnenjubiläum. Dazu lädt das Septett zu einem großen Jubiläumskonzert mit Gästen am 19.10.2013 nach Dresden in das Eventwerk ein. Beim diesjährigen WGT zeigen die Musiker der Letzten Instanz mit Abstand die höchste Publikumspräsenz. Die Brachialromantiker eröffnen in der größten Konzertlokation, der Agra-Halle um 18.00 Uhr den Szenemusikreigen.

WGT2013 Letzte InstanzFrontmann Holly Loose wird euphorisch begrüßt und die Musiker können sich trotz früher Stunde über ein volles Haus freuen. Die Lieder der Instanz werden begeistert umjubelt und lautstark mitgesungen. Aus dem breites Spektrum der 15-jährigen Schaffenszeit erklingen eine gut ausgesuchte repräsentative Auswahl an Songs, darunter mehrere aus der Trilogie "Schuldig", "Heilig", "Ewig".

"Schwarzer Sand" und "Flucht Ins Glück" gehören inzwischen zu den Klassikern. Bei "Von Anfang An" lädt Frontmann Holly den "Publikums-Ozean" ein, mit ihm gemeinsam zu singen und bei "Dein Licht" erstrahlt ein Meer an Feuerzeugen.

Zum Schluss nimmt Rockgeiger M.Stolz während dem Festivalkracher "Sing" ein Bad in der Menge und schwebt eine ganze Weile über den Köpfen der Fans. An den Händen fassend und Holly mitten im Publikum verabschieden sich die sieben Brachialromantiker  mit "Wir Sind Allein" vom einem jubelndem Publikum.

Bereits einen Tag später trifft sich die gesamte Band im Städtischen Kaufhaus zur Autogrammstunde wieder. Eine lange Schlange vor dem Eingang zeigt an, viele möchten Unterschriften auf der Fotokarte oder den mitgebrachten CDs mit nach Hause nehmen. Im Treppenhaus können die Musiker getroffen werden und auch das eine oder andere Foto mit Holly oder Benni Cellini lässt sich verwirklichen.

WGT2013 Letzte Instanz (c) Wolfgang HesseHolly und die Weißen Geschichten

Kurz danach gibt sich Holly Loose die Ehre im Centraltheater. Vor der Kulisse zu  Krieg und Frieden liest er aus dem noch unveröffentlichten Buch "Weiße Geschichten II". Das Buch wird anlässlich des 15-jährigen Bestehens der Band im Herbst erscheinen. Der Saal, einem Amphitheater gleichend, ist gut gefüllt. Holly Loose liest vier Geschichten von Fans, die sich durch die Lieder der letzten Albumtrilogie ergeben hatten.

"Ewig" aus dem gleichnamigen Album wurde in der traurigen Geschichte "Angst" verarbeitet. Melina Schwarz beschreibt, wie Verlust und Hoffnung eng beieinander liegen. Mit emotionalen Worten erzählt sie vom Unfall der geliebten Frau, die ein Kind erwartet. Die Frau stirbt, doch das Kind kann gerettet werden. "Nicht jeder Tod gibt neues Leben und im Leben lebt der Tod" heißt es dazu im Text des Liedes "Ewig". Die Geschichte zum Lied "Die Eine" macht deutlich, dass zum gemeinsamen Leben immer zwei dazu gehören, dass es um Geben und Nehmen geht und eine Beziehung ohne Kompromisse keine Zukunft hat.

Zu später Abendstunde geben Letzte Instanz im Heidnischen Dorf vor einer phänomenalen Kulisse ein beeindruckendes Konzert. Der Mittelaltermarkt muss sogar wegen Überfüllung geschlossen werden, zudem auch vor der Instanz die Ausnahmemusiker von Coppelius die Massen anheizen.


WGT2013 Das Ich (c) Wolfgang Hesse

Mit Neuer Deutscher Todeskunst über Skandinavienrock bis hin zu deutschem Electro

Beim ersten WGT waren sie dabei und feierten vor 2 Jahren gemeinsam mit vielen Gästen den 20. Geburtstag des Wave-Gotik-Treffens. Das Ich, Mitbegründer und erste Vertreter der Neuen Deutschen Todeskunst, sind vollzählig zurück auf der Bühne. Stefan Ackermann steht nach schwerer Krankheit wieder auf den Showbrettern. "Scheiße war das",  ruft der immer noch sichtlich gezeichnete schmächtige Frontmann dem jubelnden Publikum zu. Harte Electrobeats reißen die Luft, die Bruno Kramm, wie immer mit Clownsgesicht und zwei roten Haarbüscheln, aus seinem Keyboard zaubert. Und nicht nur auf der Bühne sind sie alternativ. Der Musiker engagiert sich ebenso aktiv im Bundestagswahlkampf der Piratenpartei.

WGT2013 69 Eyes (c) Wolfgang Hesse

Gothrocker 69 Eyes in der Agra

Nach erfolgreicher Europatournee wieder auf deutschem Boden: The 69 Eyes rocken die Agra- Halle. Und nicht nur "Gothic Girls" finden das toll. Jyrki69, Frontmann und charismatische Erscheinung, überzeugt von der ersten Sekunde. Musik vom aktuellen Album "X" bestimmt das Set. Doch auch altbekannte Hits haben die Finnen mitgebracht. In schwarzer Lederjacke und mit Sonnenbrille verzaubert der Frontmann die weiblichen Besucher. Ein besonderer Hingucker ist auch Jussi69 am Schlagzeug. Schier unermüdlich drischt er auf die Becken ein und lässt dabei seine wilden Haare durch die Luft fliegen.

Ins Sphärische mit Faun

Im Heidnischen Dorf ist inzwischen die Dunkelheit angebrochen. Wie schon vor zwei Jahren an gleicher Stelle stehen Faun auf der großen Bühne. Die Wiese ist bis zum letzten Platz gefüllt. Oliver SaTyrs Münchner Pagan-Folk-Band ist weithin bekannt, das wird hier noch einmal deutlich. Das gemischte Programm beherrschen hauptsächlich die leiseren Töne. Folklore aus aller Welt haben die Musiker mitgebracht, die an diesem Abend in der Besetzung ihres aktuellen Albums "Von Den Elben" erstmalig live spielen. Für Katja Moslehner ist es somit eine Premiere. "Diese Kalte Nacht" ist ein kleiner Ausschritt aus der Veröffentlichung. Faun überzeugen wie eh und je durch ein ausgewogenes akustisches Set, das an diesem Abend von Niel Mitra mit Drums, Beats und archaischen Klanglandschaften untersetzt wird.

WGT2013 And One (c) Wolfgang Hesse

And One wieder da

Zum Mitternachtsspezial haben And One geladen und viele sind dem Ruf gefolgt. Zu später Stunde können Steve Naghavi und seine Crew in der  Agra-Halle vollends begeistern. Der nervige Hickhack der letzten Jahre scheint vergessen und das neues Album "S.T.O.P." aus dem letzten Jahr beweist, sie sind wieder zurück und so gut wie vorher. Das möchte auch der Frontmann unmissverständlich rüberbringen. Mit And One kann nun wieder gerechnet werden. Und die Fans sehen das genauso und feiern in der Agra-Halle so richtig ab.


Von Comedy bis Nostradamus

WGT2013 Vicky Vomit (c) Wolfgang HesseVicki Vomit aus Erfurt zieht in der Sixtina wieder alle Register niveauvoller Unterhaltung und lockt damit unzählige Passanten und Fans in den  Biergarten der Absintherie. In seinem Comedy-Programm wird Diplomkomiker Vicki zunächst verbal. In einem nicht endenden Wortstrahl bekommen alle ihr 'Fett ab'. Ob nun Frau Merkel oder der fiese Spanner am Fenster, unerschöpflich sind die kleinen und großen schlechten Gewohnheiten, die Vicki Vomit auf die Schippe nimmt. Im musikalischen Teil erklingen Songs aus seiner Feder, die das Gesagte bekräftigen. Wer jedoch mehr Vicki Vomit erleben möchte, dem sei ein Rockkonzert mit dem Erfurter empfohlen.

Endzeitstimmung auf dem Südfriedhof mit Katharina Thalbach

Als musikalische Überraschung und Publikumsmagnet erweist sich eine Veranstaltung in der Trauerhalle des Leipziger Südfriedhofes. Zu einem Chorkonzert mit dem Namen "Apokalypse" wurde geladen. Schon eine halbe Stunde vor Beginn sind alle Plätze restlos besetzt, sodass weitere Gäste mit einem Stehplatz Vorlieb nehmen müssen.

WGT2013 Katharina Thalbach Schauspielerin Katharina Thalbach liest Texte aus der "Offenbarung des Johannes", wie sie im letzten Buch des Neuen Testamentes aufgezeichnet sind. Diesen Texten stellt sie die wortgewaltigen Prophezeiungen des Nostradamus entgegen. Kraftvoll und mit viel Gefühl untermalt Katharina Thalbach die Aussagen. Wie sich doch die Inhalte zur Apokalypse gleichen! Auch wenn der angekündigte Weltuntergang am 21.12.2012 nicht eintraf, sind die apokalyptischen Zeichen beängstigend nah: Rohbau an der Natur betrachtet, die nicht enden wollenden Kriege  in der Welt.

Musikalisch umrahmt werden die Rezitationen durch geistliche und weltliche Chormusik über die Themen Tod und Auferstehung. Es singt der Leipziger Gewandhauschor unter Leitung von Gregor Meyer. Mit euphorischen Beifallsstürmen bedankt sich das begeisterte Publikum bei den Akteuren des Abends. Dann geht es zurück in die Stadt in eine wohlbekannte Lokation.

Gothic-Rock-Metal aus Frankfurt und Leipzig

WGT 2013 Elandor (c) Woplfgang HesseElandor, das Dark-Rock-Projekt aus Frankfurt, spielt vor großer Besucherkulisse in der Sixtina vor allem Songs ihres unlängst veröffentlichten Albums. Viel Applaus ernten die Frankfurter beim Sixtina-Publikum. Lokalvorteil haben jedoch eindeutig Canterra, die vor zwei Jahren an gleicher Stelle unter diesem Namen das erste mal live auftraten. Inzwischen ist viel passiert. Die vier Musiker um Frontfrau Korinna König können auf zwei Jahre erfolgreiche Konzerte zurückblicken.

Einzeln und gemeinsam mit Elandor haben sie bei diversen Festivals gespielt. Korinna verrät, dass schon viele Songs für das bald erscheinende Debütalbum eingespielt sind. "Unsere Ansprüche sind hoch, wir versuchen vor dem eigentlichen Studiotermin die Songs richtig rund zu haben." Begeistert wird die Musik von Canterra aufgenommen, es herrscht brodelnde Stimmung in der Sixtina und letztendlich bildet die fortgeschrittene Stunde eine Grenze, denn Ally the Fiddle steht schon in der Startlöchern  und möchte auch noch für ihr Publikum da sein.

Neofolk in neuer LocationWGT2013 Darkwood (c) Wolfgang Hesse

Unterdessen erwarten im Alten Landratsamt zwei Neofolk- Bands die Besucher. Seit diesem Jahr ist die Kontertlokation nahe des Bahnhofs dabei. Der erste Eindruck im Konzertsaal lässt die Frage aufkommen: Ist man noch beim WGT? Hier fehlen gänzlich die ausgefallenen Kostüme oder der Patschuli-Geruch. Die Besucher sind eher schlicht mit T-Shirts und Jeans bekleidet. Ein paar Uniformen mischen sich darunter. Kurz gesagt, ein eigenes Völkchen hat sich hier versammelt. Auch musikalisch geht es eher ruhig zu. Die Lautstärke ist gegenüber den anderen Eventorten verhalten.

Darkwood heißt die Band aus Dresden. Sie spielen Neofolk. Das ist handgemachte Musik ohne Elektronik, nur mit akustischen Instrumenten. Auf der Bühne treffen sich Geige, Akkordeon, Gitarre,  Piano und Percussion. Von Natur, düsteren Wäldern und alten Heldensagen erzählen die vorwiegend deutsch gesungenen Lieder. Doch auch Themen wie die Schrecklichkeit des Krieges und dass der Tod zur Natur dazu gehört finden sich in den Songs wieder. Lange standen die Dresdner nicht auf der Bühne. Beim diesjährigen WGT geben sie quasi ihr Comeback-Konzert. Untätig waren die Musiker um Henryk Vogel in der letzten Zeit jedoch nicht, denn das neue Darkwood-Album, mit dem Titel "Schicksalsfahrt", wird voraussichtlich noch im Juli diesen Jahres auf CD und Vinyl erscheinen.

WGT2013 Ianva (c) Wolfgang HesseIanva ist die zweite Band an diesem Abend und es wird eng auf der Bühne, auf der mit viel Fleiß gewerkelt wird. Ianva kommen aus Genova (Italien) und bezeichnen ihre Musik selbst als eine Mischung aus  Dark Cabaret, Melodramatic, Popular Song, Chanson und  Folk Noir. Mindestens acht Musiker gehören zur Formation. Frontmann Mercy und die Sängerin Stefania T. D'Alterio besitzen geschulte und professionelle Stimmen. Ein großes Instrumentarium gibt einen eigenen Sound dazu. Die vorwiegend italienisch gesungenen Songs werden von Gitarren, Trompete und diversen Klanginstrumenten unterstützt.


Gothic Christ und und elbische Klänge

Der Pfingstsonntag ist wie bei jedem WGT etwas religiöser geprägt. Seit 2004 laden junge Christen Leipzigs und Umgebung die Besucher des WGTs zum Innehalten und Nachdenken bei einem Szenegottesdienst in die Peterskirche ein. Ziel der Veranstaltung ist es, Zeichen gegen altbekannte Klischees und Vorurteile zu setzen, denn 'die Schwarzen' sind weder mit Satanisten gleichzusetzen, noch schließen sich christlicher Glaube und schwarze Kultur automatisch aus. Es werden zwei Gottesdiensttermine angeboten. Konzerte am Abend runden das Angebot ab. Lambda, das sind Mareike Greb und Carsten Hundt, untermalen mit Kontrabass, Elektronik und Gesang die Atmosphäre in der Peterskirche zwischen den Gottesdiensten. Rezianer spricht mit Franz Steinert, der seit 2007 die Veranstaltungen in der Peterskirche leitet.

Franz, was ist für euch der Anspruch von Gothic Christ?

"Wir möchten Brücken bauen für die Gäste aus der Szene und freuen uns, wenn sich Besucher der Botschaft der Gottesdienste aussetzen, sich im Anschluss Gespräche entwickeln, Erfahrungen und Perspektiven ausgetauscht werden. Nebenbei ist Gothic Christ zu einer Art 'Heimattreffen' für christliche Gothics geworden, die sich bei Gothic Christ einmal im Jahr zu Hause fühlen können, ohne sich für irgendetwas erklären zu müssen."

WGT2013 WGT2013 Lambda (c) Wolfgang Hesse Gibt es für dich ein Problem zwischen Christsein und der Gothic-Szene?

"Wir freuen uns natürlich, wenn Klischees abgebaut werden, sowohl gegenüber Christen als auch gegenüber Gothics. Und wir erleben jedes Jahr aufs Neue, dass es gerade unter den Gothics Offenheit, Fragen und Sensibilität für spirituelle Themen gibt. Die zentrale Frage, die Gott (so wie ich die Bibel verstehe) interessiert, ist, ob ich meine Identität aus der Beziehung zu ihm beziehe oder nicht – Institutionen, Subkulturen usw. können dabei helfen oder auch behindern. Am Ende geht es jedoch immer um das Herz des einzelnen Menschen und um seine Beziehungen: zu sich selbst, zu anderen Menschen und zu Gott. Da kann ihm eine kirchliche Institution genauso im Weg stehen wie eine bestimmte Erfahrung, die er in der Gothic-Szene gemacht hat - oder eben auch die Türen öffnen!"

Franz Steinert freut sich über einen freundlichen und wertschätzenden Kontakt mit den Veranstaltern des WGT, denn Hinweise auf die Veranstaltungen von Gothic Christ und die ausführliche Beschreibung im Programmheft des Festivals sind für ihn nicht selbstverständlich.

WGT2013 Franz Steinert (c) Wolfgang HesseMit dem Gottesdienst und den Predigten geht der Freundeskreis Wege, die auf anschauliche Weise die Begegnung mit Gottes Wort vermitteln möchten. Musik, Spielszenen und Lesungen spinnen dabei einen roten Faden zu Themen, wie Freiheit, Gnade oder in diesem Jahr "Rabe und Kreuz".

Wie ist der Zuspruch der WGT-Besucher und wie wird euer Gesprächsangebot angenommen?

"Wir sind immer wieder erstaunt, wie viele WGT-Besucher den Weg zu uns finden. Insgesamt sind es ca. 700 Gäste am gesamten Veranstaltungstag. Die Leute bewerten das, was wir machen, überwiegend positiv, jedoch durchaus unterschiedlich - was bei den verschiedenen Erwartungen auch kein Wunder ist. Wir erhalten viel Feedback von unseren Gästen und kommen über Gott und die Welt ins Gespräch. Manchmal beten wir zusammen oder segnen Leute."

Musik gehört als wichtige Komponente zu euren Angeboten. Mit wem arbeitet ihr bei den Vorbereitungen zusammen?

"Die zwei Musiker von Ebenbild, Maria und Silas Hofmüller, sind länger als ich bei Gothic Christ dabei. Anfangs mit dem Projekt Irrsterne (2007-2009) und seit 2010 als Projekt Ebenbild, begleiten beide mit ihren instrumentalen Kompositionen die Veranstaltungen. Lambda, Mareike Greb (Gesang) und Carsten Hundt (Kontrabass), werden wie im letzten Jahr sowohl im Gottesdienst mit einigen Akzenten als auch bei Kontemplation zwischen den Gottesdiensten die Peterskirche zum Klingen und den Streichbass zum Schwingen bringen. Darüber hinaus bereichert Mareike mit ihrer Kreativität und künstlerischen Erfahrung seit zwei Jahren unser Vorbereitungsteam - und zwar enorm!"

WGT2013 Peterskirche Patrik Thiele (c) Wolfgang Hesse

Wie steht die Gemeinde der Peterskirche zu dem WGT-Pfingstgottesdiensten? Bekommt ihr hierbei Unterstützung?

"Der ehemalige Pfarrer der Kirchgemeinde, Johannes Toaspern, und der Kirchenvorstand sind uns in den vergangenen Jahren mit viel Vertrauen begegnet, waren stets interessiert und haben uns trotzdem machen lassen, was ja nicht selbstverständlich ist. Umso dankbarer sind wir für die Möglichkeit, dieses tolle und für den Anlass so passende Gebäude nutzen zu dürfen. Johannes Toaspern hat mal sinngemäß gesagt, dass er selbst so eine Veranstaltung nicht auf die Beine stellen könne und glücklich sei, dass es Leute gibt, die das so (verkörpern) können. Auch nach der Neubesetzung der Pfarrstelle hoffen wir natürlich weiterhin solche Rückendeckung zu bekommen."

Überall in der in der Peterskirche finden sich Kerzen, weiße Lilien, Rosen und Flieder. Dem diesjährigen Thema "Rabe und Kreuz" liegt das Gedicht "Der Rabe" von Edgar Allan Poe zugrunde. Beeindruckend rezitiert Mareike Greb das Gedicht, begleitet vom Streichbass.

Patrik Thiele, Prediger und freischaffender Schriftsteller, spannt einen Bogen von einem Raben am geöffneten Fenster, von einem unausweichlichen "Nimmermehr" bis hin zu anglimmender Hoffnung, zu kreativ motivierter Melancholie, in der es kein ewiges "Nimmermehr" gibt. Seite von Gothic Christ


Ein Line-Up der Superlative am Sonntag in der Agra-Halle

Am Sonntagabend rockt die Agra Halle. Zunächst heizen Lord of the Lost ein und werden von den zahlreichen Besuchern zu früher Stunde begeistert gefeiert, bevor der Support ihrer letzten Tour, die Band Unzucht, die Bühne entern. Die Aura von Sänger Der Schulz springt sofort auf die Zuschauer über und so herrscht  Stimmung ab der ersten Minute. Die Electrorocker zeigen eine unwahrscheinliche Bühnenpräsenz. Lieder wie  "Todsünde", "Engel Der Vernichtung" und "Deine Zeit Läuft Ab" werden begeistert mitgesungen.

Sie entstammen dem aktuellen Album der Band "Todsünde8", das im September 2012 das Licht der Musikwelt erblickte. Der Frontmann gibt alles, wirbelt über die Bühne und nimmt schließlich am Ende noch ein Bad in der Menge. Unzucht sind eine Band, die begeistern kann und viele neue Fans in der Agra-Halle nach diesem Auftritt gewinnen wird.

WGT2013 End of Green (c) Wolfgang HesseWeiter geht der Reigen an guter Musik mit End of Green, mittlerweile auch schon 20 Jahre im Geschäft. Frontmann, Gitarrist und Sänger Michael Huber alias Michelle Darkness überzeugt durch seine ruhige und lässige Art. Die Stuttgarter verstehen es, mit Songs wie "I Hate" und "Bury Me Down" die Herzen der Besucher zu erreichen. Wer so lange im Geschäft ist, und das beweisen die Schwaben zweifelsfrei, versteht sein Handwerk.

Als Newcomer beim WGT und als einziges Konzert in Deutschland für 2013 angekündigt, vermittelt der Auftritt von The Birthday Massacre im Vorfeld schon eine gewisse Spannung. Die Agra-Halle ist sehr gut gefüllt, sodass die Kanadier vor einem riesigen Auditorium rocken können.

WGT2013 Birthday Massacre (c) Wolfgang HesseFrontfrau Chibi wirbelt leichtfüßig über die Bühne und scheint dabei nicht müde zu werden. Gitarrist Rainbow steht ihr an Bewegungsfreude nicht nach und sprintet mit seinem Instrument quer über die Bühne. Mit blutverschmiertem Gesicht posiert er dabei gern mit den Fotografen im Graben. The Birthday Massacre rocken das Haus.  Hits aus 4 Studioalben, das aktuelle "Hide And Seek" erst  im letzten Herbst erschienen, beherrschen das Set. Gothrock und eingängige Melodien bestimmen die Songs, die fast schon zu Hits der Szene geworden sind. Eine Show, die nichts an Wünschen übrig lässt, so die einheitliche Meinung aller Anwesenden.

2 Stunden Lacrimosa

Den Sonntagabend in der Agra-Halle beschließen Lacrimosa. Tilo Wolf und Anne Nurmi waren seit letztem Jahr wieder mehr in Deutschland unterwegs und stellten ihr neues Album "Revolution" einem breiten Publikum vor. Rezianer berichtete über die Zwischenstation in Erfurt.

Lacrimosa WGT 2013 (c) Wolfgang HesseNach 3 Jahren Pause stehen Lacrimosa wieder auf der WGT-Bühne. 20 Jahre Bandgeschichte zieht sich wie ein roter Faden durch die Show. Der Abend beginnt mit einem Feuerwerk aus drei Lacrimosa-Klassikern. "Der Brennende Komet", "Alles Lüge" und "Schakal" erklingen, bevor Anne Nurmi aus Finnland ihren ersten von zwei Soloauftritten mit "Not Every Pain Hurts" absolviert.

Der Wahlschweizer Tilo Wolf erinnert an den ersten Auftritt der Band vor genau 20 Jahren in Leipzig im Werk II und unter dieses Motto stellt er den Konzertabend. So präsentieren Lacrimosa ein Hitfeuerwerk ihres Schaffens, bevor es nach diesem Konzert wieder mit der Welttournee zum aktuellen Album weitergeht, bei der die Band ganze Stadien zu füllen versteht.

Als kleines Geschenk an die treuen Fans spielen sie auf dem WGT den Song "Verloren" aus dem aktuellen Album, das bisher noch nie live aufgeführt wurde. Zwischenzeitlich kündigt Tilo Wolf ein weiteres Lied des aktuellen Albums "Revolution" an. "Irgendein Arsch Ist Immer Unterwegs", der einem so richtig den Tag vermiesen kann. Klar, dass im Nachgang, der Song "Feuer" nicht fehlen darf.

Im Programm sind auch "Der Morgen Danach" und "Liebesspiel" aus "Fassade" sowie "Stolzes Herz" dabei. Nach zwei Zugaben endet schließlich das 2-Stunden-Konzert in der größten Konzerthalle des WGTs mit "Lichtgestalt".

Lacrimosa wollen und können noch immer begeistern und Tilo Wolf versteht es, die alten und neuen Fans in seinen charismatischen Bann zu ziehen. Auch wenn sich die Gemüter zum Thema Lacrimosa spalten, die Mitbegründer der Neuen Deutschen Todeskunst gehören zweifelsfrei weiterhin zu den Grundpfeilern der Gothic-Szene und manifestieren die Wurzeln, die man mitunter in neueren Musikprojekten vergeblich sucht.


Area24 rocken die Sixtina

WGT2013 Area24 (c) Wolfgang Hesse

Am letzten Festivaltag erwarten wir Besuch aus Osnabrück. Area24 stehen auf der Bühne in der Sixtina. Seit 2008 besteht die Band, die sich auf Initiative von Frontmann MatthiK formierte, der Musiker zur Interpretation seiner Songs suchte. Mittlerweile sind die 5 echte Freunde geworden und verbringen einen Großteil ihrer Freizeit miteinander. Obwohl erst 14.00 Uhr, füllt sich der Biergarten der Absintherie Sixtina in Leipzigs Innenstadt zusehends. Scheinbar lockt die gute Musik die Passanten an.

"Songs From The Undersphere" heißt das Debütalbum der Band und steht im Mittelpunkt des  Konzertes. Die Musik geht ins Ohr. Ob das ruhige "Flowers" oder das rockig punkige "Drunk & Happy", die Lieder sind emotional und die Stimme von MatthiK passt zum Sound. Drummer Sash legt sich voll ins Zeug, ebenso wie die beiden Gitarristen Grey und John und IceM am Bass. Man sieht und hört, hier passen Sound, Gesang und Bühnenpräsens gut zueinander und die knappe Stunde Musik ist viel zu schnell vorbei. MatthiK verrät zum Abschluss, dass es sehr bald einen Nachfolger zum aktuellen Album geben werde.

Im Anschluss an das Konzert treffen Rezianer Area24 zu einem Interview. Mehr darüber wird in Kürze hier an gleicher Stelle zu hören und sehen sein.


Nebel-Punkrock mit Other Day - Abschied von Catastrophe Ballet - Geisterorchester mit Ulver

WGT2013 The Other Day (c) Wolfgang HesseDie Naumburger Other Day machen derweil Darkwave auf der Parkbühne, sphärische Elektronik, Gesang und Cello. Unterstützt werden sie durch Gitarre und Schlagzeug, denn Other Day haben sich die Rhythmusgruppe der Punkrock-Band Die Ostsibirischen-Schnarchschnecken für diesen Auftritt eingeladen. Ansonsten bestehen Other Day aus Sad (Gesang), Meech (Soundeffekte) und Niha-Céta am Cello. Bereits beim Viktorianischen Picknick eine Augenweide, überraschen Other Day die Besucher in der Parkbühne im ausgefallenen Outfit. Über eine Stunde verwöhnen sie mit ihrer Musik aus einer repräsentative Auswahl ihrer inzwischen elf Studioalben.

Einen Abschied wollen sie feiern und ein Fest soll es werden. Musiker und Produzent Eric Burton will es noch einmal wissen, und so entwickelt sich die Final-Show des WGTs auf der Parkbühne zu einem musikalischen Abschiedsfeuerwerk der Spitzenklasse.

"Heute wollen wir Catastrophe Ballet zu Grabe tragen", begrüßt der Frontmann die zahlreichen Besucher der Parkbühne, die diesen Abschluss gern mit den Musikern begehen möchten. Wohl alle Songs, die Catastrophe Ballet in all den Jahren produziert haben, hätten an diesem Abend reingepasst. Doch es musste ausgewählt werden. So stehen Songs wie "Consequently Inconsequential", "The Lavers Delight", "House Of Hate", "M-other" und "(I lost) The Key To Your World" auf dem Programm. Zum einen der wohl beeindruckensten Songs an diesem Abend entwickelt sich "Licht In Meinen Träumen".

WGT2013 Catastrophe Ballet (c) Wolfgang HesseFreunde und Gäste haben sich Eric Burton und Catastrophe Ballet für ihren Abschied eingeladen. Patricia Nigiani war 1993 Mitglied von Catastrophe Ballet und hat am Album "Menschenfeind" mitgearbeitet. Gitarrist William Faith von Faith and the Muse ist ebenfalls dabei. Gemeinsam bestreiten beide ihre Tourneen durch Nordamerika.

Während des Liedes "Model Utopia" stürmt zum Jubel der Anwesenden auch noch Mastermind Oswald Henke auf die Bühne und interpretiert den Text in gewohnter Henke-Manier. Mit Volker Zacharias von Girls under Glas kommen noch einmal alle Gäste des Abends zurück und singen gemeinsam mit Cathastophe Ballet das Sigue-Sigue-Sputnik-Cover  "21st Century Boy". So endet ein Konzert, das zum Schluss doch ziemlich emotional werden soll.

WGT2013 Catastrophe Ballet Henke (c) Wolfgang HesseIn der Kuppelhalle des Volkspalastes, in Halle 16 des alten Messegeländes,  geht das WGT mit einem außergewöhnlichen Konzert zu Ende. Ulver (dt. Wölfe) aus Norwegen haben sich ein Orchester eingeladen. Die Stüba Philharmonie aus Leipzig unter Leitung von Martin Lenz hat vor dem Musikern auf der Bühne Platz genommen.

Ulver, als Black-Metal-Band gestartet, haben sich 1998 dem Electrorock verschrieben. Aus einer Mischung aus Rock, Ambient und Industrial entwickeln sie einen eigenen experimentellen Sound, der ein Markenzeichen für Ulver ist. Gerade in den letzten Jahren widmeten sich Ulver Stücken, die speziell für eine Live-Aufführung geschaffen wurden. Eine aufeinander abgestimmte Komposition vereint Gesang, elektronische Geräusche, Ambient und Klavier mit dem Orchesterklang, der sich einmal ganz verhalten, dann wieder fast monumental einmischt. So entsteht ein eindrucksvolles Gesamtwerk, das den Volkspalast erstaunen lässt. Umrahmt wird die Musik von schwarz-weißen Projektionen, die hinter den Musikern und schier vor den Augen der Zuhörer zu entstehen scheinen.

WGT2013 Ulver (c) Wolfgang HesseErreicht wird dieser Eindruck durch ein vor die Bühne gespanntes durchsichtiges Netz,  das aus weiterer Entfernung nicht mehr wahrgenommen werden kann. Somit bilden die schwebenden bewegten Bilder und die Musik eine Einheit, die einen tiefen Eindruck bei den Besuchern hinterlassen hat.

Damit endet für viele Besucher dieses Konzertes das WGT 2013 mit einem weiteren Höhepunkt. Bis weit in den Morgen dauern an diesem Tag noch die Partys in vielen Szene-Lokationen, bevor das WGT 2013 schließlich endgültig vorbei geht.

Bildergalerie WGT-Impressionen

 

Vielen Dank an das WGT-Presse-Team für Presseakkreditierung und Fotopass!