Manga und Fantasy auf der Leipziger Buchmesse Drucken
Geschrieben von: Charly Groß   
Samstag, den 15. März 2014 um 22:43 Uhr

LBm 2014 Manga Convention Cosplay (c) RezianerDie Leipziger Buchmesse hat zur großen Zusammenkunft des Frühjahrs geladen. Vom 13. bis 16. März sind dem Ruf 237 000 Besucher gefolgt.

Manga-Fans können sich besonders freuen. Nachdem sich die Manga-Ecke jahrelang mit Schulbuch- und Fantasyverlagen die Halle 2 teilten, bekommen Death Note, Pokemon, One Piece und Co. nun ihre eigene Location: Halle 1. Die erste Manga Convention verzeichnete eine Besucheranzahl von stolzen 32 000 Manga-und Comic-Fans sowie Liebhabern japanischer Kultur.

Derweil tauchen Fantasy-Fans wie gewohnt auf der Leseinsel Fantasy ab in neue Welten.

Die erste Manga Convention zur Leipziger Buchmesse

Die Halle befindet sich neben dem Pressezentrum und hat einen eigenen Eingang. Wer sich lediglich für die Manga-Convention interessiert, braucht die weiteren Buchmesse-Hallen praktisch nicht mehr betreten. Einen Zugang zur nächsten Halle (Halle 3) ist freilich immer noch möglich und erwünscht.

Es gibt nun wesentlich mehr Stände mit Manga und japanischen Fantasy-Figuren. Einige sind als Manga, manche aus dem TV und wieder andere aus Computerspielen bekannt. Nicht zu übersehen ist der anhaltende Hype der beliebten Manga-Reihe "Death Note" - inzwischen gibt es Death-Note-Notizbücher, -Kostüme oder -Taschen zum Bestaunen und Erwerben. Auch die Stars und Monster der Nintendo-Zugpferde "Zelda" und "Super Mario" sind als Kuscheltiere, Plakate, Plastikfiguren oder wertvolle Sammelobjekte präsent. Das eine oder andere "Final-Fantasy"-Poster sowie Ketten und Armbänder, die die Helden der beliebten Anthologie von SquareEnix so tragen, lassen sich sehen.

LBM 2014 Deutsch-Japanisches Zentrum Leipzig (c) RezianerAls Lockangebot haben sich die Händler was ausgedacht. An jedem zweiten Stand gibt es sogenannte "Wundertüten" von Death Note, One Piece, Final Fantasy und Co. Merchandise im Wert von mindestens 30 Euro soll es für satte 20 EUR geben. Darin können Figuren, T-Shirts, Sammelkarten, Schmuck, Sticker, Buttons und ähnliches drin sein. Das Konzept funktioniert. Die Tüten verkaufen sich. Am Samstag ist Halle 1 brechend voll. Um zum Kaufobjekt der Begierde zu gelangen, gestaltet sich der Weg mitweilen schwierig. Zeitweise ist an den Ständen Stop-and-Go angesagt.

Ganz vorne, noch vor den Ständen, hat sich das Deutsch-Japanische Zentrum positioniert und erzählt Interessierten in seinem "Japanischen Teegarten" von seiner Arbeit zur gemeinsamen Verständigung. Neben der Organisation lockt das Anime-Kino mit Anime, die es im deutschen Fernsehen selten bis gar nicht zu sehen gibt. Auch dieser Raum ist mit Fans von japanischen Filmen, Büchern und Games gut gefüllt. Das schwarze Sofa lädt ein zu Gesprächen, doch nicht allein. Die Größe der Halle schafft nun genug Raum für eine Konzertbühne mit Sitzgelegenheiten. Auf dieser plaudert die Manga-Zeichnerin Kazue Kato am Sonntagnachmittag über ihren Zeichner-Alltag, der gegen Mittag beginnt und sich bis 21 Uhr hinziehen kann. Weiter unten in der Halle, an der rechten Seite, befinden sich drei bis vier Workshops, mit flexiblen Messewänden abgetrennt, die das Messe-Programm komplettieren. Themen sind unter anderem Kreativität und Phantasie beim Manga-Zeichnen. Am Buchmesse-Sonntag konnte die erste Convention insgesamt von 31 000 Besuchern sprechen.

Mehr Fantasy in Halle 2

Wem mehr der Sinn nach Elben, Vampiren und klassichen Mittelalterwelten steht, wandert durch die ehrwürdige Glashalle und hinüber in Halle 2. Hier ist noch immer die Leseinsel "Fantasy" präsent und zeigt gestandene Autoren und Debütanten des vielfältigen Genres. Wie immer wurde die Leseinsel betreut vom Marketing-Unternehmen Werkzeugs, das Autoren im Bereich Fantasy, Science Fiction und History sowohl im Vertrieb als auch beim Bekanntmachen unter die Arme greift. Das Netzwerk "Werkzeugs" vertreibt und wirbt von Anbeginn Werke von Autoren wie Markus Heitz, Bernhard Hennen oder Boris Koch. An den Wänden der Leseinsel ist seit letztem Jahr ein Banner zu sehen, das den Titel "Seraph" trägt. Dahinter verbirgt sich der Fantasy-Förderpreis "Seraph", den die Phantastische Akademie ins Leben gerufen hat (Rezianer berichtete).

Stefan Bachmann (c) RezianerSteampunk-Mystik aus der Schweiz

Die Bühne der Leseinsel ist ganz in schwarz gestaltet, auf welcher der schweiz-amerikanische Autor Stefan Bachmann Platz genommen hat. Diogenes stellt seinen jungen Schriftsteller und sein Werk "Die Seltsamen" (im Original "The Peculiar") vor. Der 21-Jährige sitzt ruhig in seinem Sessel und erzählt in einem guten Deutsch von seinem Buch. Dabei lässt er es sich nicht nehmen, den Prolog auf Englisch vorzutragen. In diesem fallen "dark Feathers" in die englische Stadt Bath, die bald darauf nicht mehr dieselbe sein wird. Unheimliche Dinge ereignen sich und Monster befallen die Gegend. Untersuchungen werden durchgeführt in der einstigen Stadt Bath. Dabei werden einige Schriften eines Augenzeugen entdeckt, den es inzwischen ebenso nicht mehr gibt. Er schrieb von dem "hidden people", das plötzlich in Bath auftauchte, von mechanischen Vögeln und von vor Kutschen gespannte Wölfe. Die Schriften erzählen die Geschichte vom Untergang Baths.

Nach der Lesung wird mächtig geklatscht und die große Frage steht im Raum, wie ein - damals 16-Jähriger - auf eine solch mystisch-phantastische mit Steampunk-Elementen durchsetzte Welt kommt. Die These liegt nahe, dass "Harry Potter" den jungen Künstler beeinflusst haben könnte. Doch Stefan Bachmann verrät, dass einer seiner größten Helden Tolkien sei. Seine Mutter habe ihm bereits mit sechs Jahren "Der Herr der Ringe" vorgelesen und auch wenn er wenig von der Welt verstanden habe, so der Autor sich zurückerinnernd, habe ihm doch die Art gefallen, wie Tolkien seine Reiche aufbaute.

Zunächst sei in ihm seine Welt klar vor Augen getreten, danach erst fügte er im Geiste die Figuren hinzu. Das Buch begann nach einer kurzen literarischen Durststrecke. Er habe zunächst ein Buch geschrieben, dass ihm schon beim Schreiben nach und nach langweilte. Er legte also das eine Manuskript zur Seite und begann mit seiner Steampunktwelt von "The Peculiar". Diogenes ließ das Buch übersetzen. Die Übersetzung mit dem Titel "Die Seltsamen" ist im März 2014 schließlich erschienen.

Ben B Black (c) RezianerDie Architektin und ihre Baustelle

Nach Steampunk im einem alternativen England folgt alsbald ein mysteriöser Vorfall in Deutschland. Ben. B. Black stellt seine Geschichte "Spuk auf der Baustelle" aus der Reihe "Teezeitgeschichten" vor, die im Verlag Textlust veröffentlicht werden. Die Reihe soll Geschichten beinhalten, die man "an einem Abend auslesen" kann. In dieser speziellen geht es um den Bau eines Einkaufscenters, bei dem auf der Baustelle merkwürdige Dinge geschehen. Im Zentrum steht die Architektin und Projektleiterin Annette Lorching, über deren Gefühlswelt die interessierten Leseinsel-Zuhörer einiges erfahren. Ben B. Black untersetzt die Spukgeschichte mit viel trockenem Humor, sodass sich ein etwaiges Schmunzeln nicht vermeiden lässt. Nach einigen ungeklärten Ereignissen wie ein mit Blut gefülltes Loch oder ein Radlader, der Feuer fängt, sowie einer romantisch-komischen Szenarie zwischen der Architektin und einem Stadtrat lässt der Autor das Ende offen. Der Rest muss dann doch selbst gelesen werden.

Francesc Miralles (c) RezianerFriedhofsromantik

Nach der Baustelle werden die Zuschauer direkt auf den Friedhof entführt. Es liest Francesc Miralles, extra aus Barcelona zur Leipziger Buchmesse eingeflogen, aus seinem düsteren Gothic-Roman "Retrum. Der schwarze Schnee". Begleitet wird er von seinem Verlag Beltz. Die Lesung findet teils auf Spanisch (der Orginalsprache) und teils auf Deutsch statt.

In der schaurig-mysthischen Geschichte geht es um den Protagonisten Christian und seiner Liebe zu dem tieftraurigen und geheimisvollen Mädchen Alexia. Beide haben Schuld auf sich geladen, indem sie schuldlos schuldig an dem Tod ihrer jeweiligen Geschwister geworden sind. Beide gehören der Gruppe die "Blassen" an, die sich nachts auf dem Friedhof mit den ihnen nahestehenden Toten unterhalten. Das Ritual fordert es, dass sie weiß geschminkt sind und violett gefärbte Lippen haben. Eines Nachts brechen Christian und Lorena, ein zur Gruppe gehörendes Mädchen, in einen Friedhof ein, bei dem sich eine Art Überfall ereignet und Christian nach einem Schlag auf den Hinterkopf das Bewusstsein verliert. Hier enden die vorgestellen Textpassagen. Was der aufmerksame Zuhörer aus der Lesung mitnehmen kann, ist eine mystische Gefahr, die unsterbliche Liebe zu Alexia und die bleiernden Schuldgefühle des Haupthelden. Der Roman, in der Ich-Perspekive geschrieben, wirkt sehr atmosphärisch, immer wieder die Tiefe Trauer und Schuldgefühle des Protagonisten im Blick.

Inka G Schmidt (c) RezianerEine Frau zwischen Erzengeln und Dämonen

Nach dieser mystischen Stimmung wird es nicht weniger phantastisch und gefährlich. Die Autorin Inka G. Schmidt liest aus ihrem Roman "Engelsleid" vor, der im Oldigor Verlag erschienen ist. Erzählt wird die Geschichte von der Journalistin Laura, die mit ihrem Single-Leben eigentlich rund um zufrieden ist. Doch als sie auf den unheimlichen und attraktiven Gioseppe trifft, ist sie plötzlich Feuer und Flamme für den Fremden.

Und es wird erotisch auf der Leseinsel "Fantasy": Die Autorin hat sich unter anderem eine sehr intime Stelle in ihrem Roman ausgesucht, die von Verlangen und Hingabe, aber auch von kleinen Verführungsspielchen berichten, bei denen so manche Frau wohl gern in der Haut der Laura stecken möchte. Dann ist da noch ein gefallener Engel, der von der ersten Vorstellung her wohl der geeignetere Part für die menschliche Laura sein sollte. Abgesehen von den mystischen Männern wird der Anfang des Romans von einem Raubmord durchzogen, bei dem die Mutter der Journalistin ums Leben kommt. Viel Wirrwarr und Mystik warten auf Laura und Leser - doch Fragen zum Konstrukt kann die Autorin nicht mehr beantworten. Die Fantasy-Leseinsel muss für den Buchmesse-Samstag, metaphorisch gesprochen, die Pforten schließen.