Leipziger Buchmesse 2015 - Fantasy, Lesungen und ein Chor Drucken
Geschrieben von: Linéa Sommer / Charly Groß   
Sonntag, den 15. März 2015 um 19:21 Uhr

LBM 2015  GlashalleDicht an dicht drängen die Menschen. Dicht an dicht hören sie zu. Dicht an dicht sind überall Bücher zum Anfassen. Das ist die Buchmesse Leipzig 2015.

Leipzig ist für ein paar Tage wieder das Schaufenster der Literatur. Auf dem 90 000 Quadratmetern großen Messegelände werden rund 100 000 Titel vorgestellt und seit Jahren steigt die Besucherzahl stetig. Die Leser kommen nicht nur wegen des gedruckten Wortes.


Norbert Arzberger von der Oldenburger Autorengruppe Wortstatt bringt es auf den Punkt: "Wir sind nicht nur wegen der Bücher hier, sondern treffen uns auch mit der Leipziger Schreibwerkstatt vom Dialog. e. V. Alles begann mit einer Flaschenpost aus Leipzig, die wir zufällig gefunden haben. Wir waren neugierig und antworteten. Daraus entstand eine lange Freundschaft, bis heute. Wir haben einen regen Gedankenaustausch und planen Projekte. Das Treffen und die Lesungen unserer Schreibfreunde zur Buchmesse sind immer Höhepunkte."

Andere Messebesucher kommen, um ihre Lieblingsautoren einmal selbst zu sehen und zu hören. Es ist kaum ein freier Platz an den großen und kleinen Lesebühnen zu finden.

 

Einige interessante Lese-Veranstaltungen in Kürze vorgestellt

Junge Verlage Nicola Nürnberger (c) RezianerNicola Nürnberger mit "Berlin wird Festland" - Roman (Junge Verlage)

"Wir sind da", grinste Monty. "Das hier ist das neue Berlin, der neue Osten. Unerwartet und unheimlich" (Zitat aus dem Buch). Christine trifft auf Monty. Christine ist neu in Berlin. Der über 10 Jahre ältere Monty erklärt ihr das Leben, die Politik und die Geschichte der westlichen Seite Berlins und öffnet den Blick für den in den 90er Jahren noch fast unbekannten Teil des Ostens. Es geschieht nur langsam, so langsam, wie auch die beiden Protagonisten zueinander finden. Erzählt wird die Geschichte einer jungen Frau mit dem Namen Christine. Christine entdeckt das Leben und die Liebe in einer Situation mit Irrungen, Wirrungen und Neuanfängen, des sich Suchens, Findens und Verstehenwollens.

Nicola Nürnberger, geboren 1969, nicht aus Nürnberg kommt sie, sondern aus Frankfurt am Main. Sie lebt seit 1991 in Berlin und seit 2006 vor den Toren der Stadt Potsdam in Kleinmachnow. Sie studierte Theaterwissenschaft, Soziologie und Germanistik in Erlangen und Berlin und arbeitete als Theatermacherin, bevor sie 2013 ihren ersten Roman "Westschrippe" erfolgreich veröffentlichte. "Berlin wird Festland" knüpft mit viel Humor und Spannung daran an und ist die Fortsetzung der Geschichte zwischen West und Ost. Punktgenau zum 25. Jubiläum des Mauerfalls.

Das Buch gibt es als Hardcover mit Schutzumschlag auf 272 Seiten für 22 Euro. ISBN lautet 978-3-944122-11-3. Erschienen ist es am 3. Februar 2014 im Open House Verlag

Lucie Müller liest aus Roman KriegssinfonieLuci Müller mit "Kriegssinfonie" (Fantasy)

Wer steckt hinter Lucie Müller?

Lucie Müller ist ein Allerweltsname. Lucie Müller ist ein Sonnenschein mit dem typischen schweizerischen Dialekt, geboren 1988 in Sri Lanka. Zur Buchmesse strahlt sie locker-flockig von der Lesebühne und beim Small Talk mit ihren Zuhörern versichert sie glaubhaft: "Ich habe keinen Plan. Ich habe nur einen Anfang und ein Ende. Manche machen sich immer Skizzen, Diagramme oder so. Ich nicht. Meine Protagonisten kamen und ich schickte sie los. Mal sehen, was noch passiert. Ich weiß es nicht."

Dem Sonnenschein glaubt man sofort jedes Wort. Auch dieses: "Ich habe mit 14 angefangen zu schreiben. Das ist schon ein paar Jahre her. Das erste Buch meiner Kriegssinfonie habe ich selber bezahlt. Dann habe ich bei Xing meinen Text vorgestellt und ein Verlag kam auf micht zu. Ich schreibe jeden Tag. Selbst unterwegs.  Üben muss ich auch, das Reden und Vorlesen. Das war bisher nicht so mein Ding. Junge Autoren zählen bis 35. Da habe ich bis dahin noch ein wenig Zeit!" Lacht, bedankt sich für das Zuhören und geht einfach ... Lucie Müller ist ein Allerweltsname - doch diese Lucie Müller sollte man sich merken.

Immer wenn die Töne der Kriegssinfonie erschallen, gibt es Krieg. Lucie Müller schickt ihre Leser in eine düstere Welt. In ihrer Fantasy-Triologie stehen sich zwei Königreiche, Karma und Korin, feindlich gegenüber. Es gibt Krieg, der von den Göttern gelenkt und in Szene gesetzt wird. Inspiriert von "Herr der Ringe" lässt sie im Band 1 ihre Figuren noch Aufstellung nehmen.  Im Band 2 treffen die Heere kraftvoll aufeinander. Jeder versucht seine Bestimmung zu finden, auch wenn nur einer lauert, der Tod. Der 3. Band erscheint Ende 2015 und es gibt eine Auflösung der Intriegen.

Auf ihrer Facebooke-Seite schreibt die junge Autorin: "Ich bin ja gespannt wie ein Filzebogen, was ihr so von Band 2 denkt. Nicht scheu sein - haut mir das Feedback um die Ohren!"

"Kriegssinfonie" ist broschiert. Der erste Band enthält 350 Seiten und kostet 14 Euro. Die ISBN-10 lautet: 3943596478. Erschienen ist der Roman am 25. Februar 2014 im Verlagshaus El Gato.

Christoph Schneider mit "Der Erbe der Zeit" (Phantastischer Roman)

Der Bad Lausicker Christoph Schneider ist mit seinem Fantasy-Epos gemeinsam mit dem Scratch Verlag auf einem eigenen Stand vertreten. Auf dem kleinen Tisch vor ihm liegt die klassische Buchversion zum Anfassen. Parallel dazu gibt es das hörbare Leseerlebnis.

Der Roman ist auch als multimediale App für iPhone, iPad und Android erschienen. Der Autor, der einige Jahre in Hamburg in der Spieleentwicklung tätig war, beschreitet damit neue Wege mit der Idee, Lese- und Klangerlebnisse zu vereinen. Der Grundgedanke zweier gegesetzlicher Welten bringt, manchmal etwas sehr übertrieben, Schmerz, Leid und innige Leidenschaft. Es ist eine phantastische Geschichte und etwas für wirkliche High-Fantasy-Fans.

"Das Erbe der Zeit ist broschiert und 680 Seiten stark. Im Buchhandel bekommt man es für 13 Euro. Die ISBN lautet: 978-3940928108. Erschienen ist der Roman
am 14. März 2013. Inzwischen gibt es die 2. Auflage. Verlag ist der SCRATCH Verlag.

Thomas Brussig mit Stefan Kaminski im Hörbuchforum (c) RezianerThomas Brussig mit "Das gibt's in keinem Russenfilm"

Thomas Brussig ist auf dem Sprung. Nein, kein Zeitsprung. Er muss gleich wieder weg und entschuldigt sich bei seinen Lesern in der Hörbucharena. Aber die 15 Minuten waren randvoll. Mit Witz und frechem berlinerischen Dialekt redet Thomas Brussig über Thomas Brussig und darüber, dass er froh ist, wenn keiner mehr seine Hörbuchvariante kauft. Nein, sie ist super toll geworden und er hätte auch gern so eine Stimme wir die von Stefan Kaminski. Dieser widerum lacht über die Begründung. Dann kämen nämlich wieder mehr Leute in seine Lesungen. Und nun lachen beide und das Publikum. So ist er eben, der Thomas Brussig - aber welcher? Der aus dem wahren Leben oder der aus dem Buch, der einfach nicht in den Westen will und über das "hätte, wenn und aber" wunderbar unterhält?

Das Buch ist als gebundene Ausgabe am 12. Februar 2015 bei S. Fischer Verlag erschienen und hat 384 Seiten. Es ist für 20 Euro zu haben. Die ISBN lautet: 978-3100022981.

LBM 2015 Patrick Rothfuss liest aus "The Slow Regard of Silent Things" (dt. Version: "Musik der Stille")Patrick Rothfuss mit "Die Musik der Stille" (Fantasy)

Was ist das denn für einer? Jeans, schlapperiges T-Shirt, langer Bart und dann noch sein Buch vergessen? Was soll das denn für eine Lesung sein? Den Rothfuss aus dem amerikanischen Madison stört das alles nicht.

Er lässt sich "The Slow Regard of Silent Things" (Original von "Musik der Stille") aus dem Publikum geben, weil er gern auf Englisch lesen möchte und nun gerade eine solche Version nicht zur Hand hat. Er habe zwar Deutsch an der Uni studiert - allerdings sei das schon 20 Jahre her. Dann legt er los. Gleich zu Anfang entschuldigt er sich bei seinen Lesern auf Englisch für diese Geschichte. "Wenn du dieses Buch gelesen hast, und es hat dir nicht gefallen, dann tut es mir leid. Es ist meine Schuld. Das hier ist eine seltsame Geschichte. Vielleicht gefällt sie dir beim zweiten Lesen besser." (Zitat)

Patrick Rothfuss lässt sich eine englische Version seines Werkes aus dem Publikum geben (c) Rezianer"Die Musik der Stille" ist der letzte Teil der Königsmörder-Triologie um das Mädchen Auri. Als Einstieg bekommt der geneigte Leser zu lesen: "Du solltest dir dieses Buch vielleicht nicht kaufen. Ich weiß, ein Schriftsteller sollte so etwas nicht sagen. Den Marketingleuten wird das gar nicht gefallen, und meine Lektorin bekommt wahrscheinlich einen Wutanfall. Ich aber bin lieber von vorneherein ehrlich zu dir."

Das macht sehr neugierig und am Ende muss jeder selbst entscheiden, ob die anspruchsvolle Geschichte gefällt oder nicht. Längere Dialoge stehen im Hintertreffen, und einen klassischen Spannungsbogen sucht man vergebens, dafür hat der Roman viel Phantasie und bezaubernde Momente. Rothfuss vermag eine Geschichte zu schreiben, die durch den Aufbau einer phantastischen Welt eine Handlung bei dem Leser zweitrangig werden lässt.

Es ist eine Geschichte, für die man erst wieder lernen muss zu lesen. Sie ist eben ganz anders als das, was auf dem Fantasy-Markt angeboten wird - und das ist gerade das Spannende.

Die Lesung selbst ist in ein paar Minuten geschehen - und kann hier noch einmal nacherlebt werden. Wichtiger ist Rothfuss die Kommunikation mit den Fans. Auch ein Erinnerungsvideo ganz für ihn mit jubelnden Fans ist ihm wichtig. So könne er seinem (fast erwachsenen) Sohn beweisen, dass er in Deutschland beliebt ist. Der glaube ihm das nämlich nicht so recht, gibt Rothfuss zu.

Der Roman ist als gebundene Ausgabe am 21. Februar 2015 in der zweiten Auflage bei Klett-Cotta erschienen und hat 173 Seiten. Im Handel ist er für 18 Euro zu erwerben. Die ISBN lautet: 978-3608960204. Der Originaltitel heißt "The Slow Regard of Silent Things".

Sabine Ebert (c) RezianerSabine Ebert mit "1815 - Blutfrieden" (Historischer Roman)

Sabine Ebert, die kleine Frau auf der Lesebühne, erzählt mit angekratzter Stimme, was Verlage von ihren Autoren erwarten. Sie erzählt von ihren ersten Manuskriptablehnungen und ist der Meinung, dass sich diese Verlage wohl heute ärgern werden. Sie erzählt von ihrem neuen Roman und von zwei intensiven Jahren, die ihre ganze Kraft gefordert haben. Sie habe geschrieben, zu Weihnachten, Silvester, Neujahr. Sie habe mit Zähigkeit eine Unmenge an Recherchematerial gelesen, Historiker nach den kleinsten Details ausgefragt, sei an den Schauplätzen und habe in Biwaks gelebt. Sie schildert das blutige Ende der Verlierer, den Hunger, die Verwüstung. Sie lässt ihre junge Henriette nach Leipzig gehen, um Verwundeten zu helfen. Diese muss die Stadt verlassen und heiraten, um zu überleben. Nun hat ihr "Blutfrieden" Premiere und Sabine Ebert geht auf Lesetour. Und was wünscht sie sich danach? "Eine Woche Urlaub mit Couchlümmelei und schlafen."

Der Roman ist als gebundene Ausgabe mit 1088 Seiten am 12. März 2015 bei Knaur HC rschienen und kostet im Handel 25 Euro. Die ISBN lautet: 978-3426652725

Erster Leipziger Buchmesse-ChorErster Leipziger-Buchmesse-Chor tritt auf

Bei der Leipziger Buchmesse sind die Lesungen und Präsentationen von Autoren und Verlagen eines der Highlights Jahr für Jahr. Fans können ihren Autoren aus aller Welt nahe sein, hören sie reden, lachen und schalken. Doch 2015 kann die Messegesellschaft noch ein weiteres Jubiläum zu einem Highlight ausbauen: den Leipziger-Buchmesse-Chor. 15 Minuten. bevor am Samstag offiziell die Hallen schließen, ertönen in der Glashalle Stimmen und Melodien. Auf der Treppe zu einer der Buchmessehallen hat sich eine Chorgemeinschaft formiert, die aus Chormusikern und Laien besteht. Im Vorfeld der Buchmesse und zu Ehren der inzwischen 50-jährigen Freundschaft zwischen Deutschland und Israel wurde dieser Chor ins Leben gerufen. Daran beteiligt ist der Leipziger Synagogalchor und Leipzig singt e.V. Vor allem dem Verein sei es gelungen, so viele Interessenten für dieses Projekt zu begeistern und zu organisieren.

Tenor Falk Hoffmann vom MDR Rundfunkchor beim ersten Leipziger-Buchmesse-ChorLeipzig habe, so wird den aufmerksamen Zuhörern mitgeteilt, rund 1300 Einwohner, die sich zum jüdischen Glauben bekennen. Erst 2006 hat ein jüdischer Kindergarten eröffnet und zeigt, dass der Glaube hier in Leipzig weitergetragen wird. Zu dieser Gottpreisung von Generation zu Generation hat der Chor auch ein passendes Lied parat.

Doch nicht nur der Buchmessechor soll die Glashalle mit seinen Stimmen erfüllen. Auch die Besucher sind angehalten, miteinzustimmen. Das letzte Lied soll zugleich Abschied und die Freude des baldigen Wiedersehens ausdrücken. Einige kennen das bekannte jüdische Lied, andere schauen in die ausgeteilten Gesangszettel. "Shalom Chaverim" (Leb wohl, mein Freund) wird angestimmt vom Chor, der sich in acht Stimmen aufteilt. Nach und nach fordert der Dirigent durch Gesten die Zuschauer zum Singen auf - und auch aus den Reihen des Publikums ist "Shalom Cheverim" am Ende deutlich zu hören.