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Zur Zeit sind keine Einträge vorhanden!Henke, Oswald: Zwischengeist |
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Geschrieben von: Jana Döring |
Freitag, den 12. Oktober 2012 um 22:23 Uhr |
Und das Programm beginnt mit "Seelenfütterungen"Gleich im ersten Kapitel wird der Leser mit komplexen und phantasiereichen Gedankengängen und Gefühlsbeschreibungen konfrontiert, ohne dabei an der Oberfläche zu bleiben. Wer Henke kennt, weiß, dass es bei seiner Kunst nie um bloße Unterhaltung geht. Es muss weh tun, und das mit möglichst vielseitig aufgestellten Themen, ohne jedoch konkrete Gefühle oder gar Weltanschauungen aufdrängen zu wollen. Auf zwei Vorsünden folgen fünf SündenDas zweite Kapitel "Vorsünde und Sündenfall" gleicht einer Darstellung der sieben Todsünden in moderner Version. Dabei ist von fünf Sünden die Rede, die ihren Ursprung in zwei Vorsünden finden, welche aus Enttäuschung und Suche nach Liebe zu bestehen scheinen. "Träumer leben einsam. Träumer werden zu Sündern …" Der Sündenfall an sich besteht aus einem radikalen Fall in ein Verderben aus Drogen, Scheitern und Leere, der nicht nur durch das Verringern der Textlänge in seiner erschlagenden Wirkung erschreckt. "Das Christkind der Zukunft starb vor der Geburt …"Mit dieser erdrückenden Atmosphäre, wie sie in "Schwarzer Schnee" zu spüren ist, geht es übergangslos in den Todeskampf über. Das Kapitel "Agonie" spinnt Gedanken rund um das Verschwinden: Verschleiern, Entfernen, Löschen, Auslöschen, Abschied, kaputt. Ethische GrenzgängerWie der Name erahnen lässt, bewegen sich die folgenden zehn Titel gefährlich nah an den Grenzen unserer heutigen Ethik- und Moralvorstellungen. Das vierte Kapitel ist damit eines der schwer verdaulichen des gesamten Lyrikbandes. Darf man Kindern den Tod wünschen? Darf man Gott einen Sadisten nennen? Darf man andere Mitmenschen als williges Werkzeug seiner eigenen Verachtung ansehen? Die Fahrt durch Gedanken- und Irrwege endet in "Abgeschlossen"Hier wird das Ich mit "Und am Ende …" oder "Ich halte den Atem an …" an ein unbestimmtes Ende und zugleich an einen Anfang versetzt. Nicht nicht nur durch die Worte, sondern auch durch den düsteren Hintergrund des Buches wird das Gefühl einer Endzeitstimmung vermittelt. Generell wurde der Lyrikband liebevolle ausgestattet, sodass Wort und Bild sich atmosphärisch ergänzenBeginnt das erste Kapitel noch mit vergleichsweise harmlosem weißen Hintergrund, auf dem sich narbenähnliche Markierungen sowie Fragmente eines, ursprünglich vollständigen, Puzzles befunden haben, verdüstert sich dieser zunehmend. Was anfangs weiß gewesen ist, nimmt in "Agonie" bereits nebelartige Züge an, um in "Abgeschlossen" im Schwarz zu enden. Ganz in diesem Stile schickt Autor und Kolumnist Oswald Henke einen Erziehungsratgeber hinterher"Garantiert nie erprobt, nur theoretisch erdacht und kurz notiert." Dort werden Eltern scheinbar auf die Wichtigkeit von Bestrafung hingewiesen. Vorschläge zu dessen Umsetzung gibt es gleich mit dazu. Wer jedoch Aussagen wie "Kinder sind ihren Eltern vom Staat dazu anvertraut, sie zu dem zu machen, was die Gesellschaft will" zu deuten weiß, erkennt die Pointe.   |